Beschreibung
Ausgehend von Ahmet Hamdi Tanpınars 1945 erschienenem essayistischen Band Fünf Städte (Beş Şehir), steht die Frage nach der literarischen Verortung post-imperialer Narrative im Zentrum dieses Vortrags. Literarische Texte reflektieren gesellschaftliche Veränderungen wie politische Umwälzungen oder tiefgreifende soziale Umbrüche. Die sogenannte post-imperiale Erzählung ist ein Genre, das sich mit den mannigfaltigen Auswirkungen des Untergangs imperialer Ordnungen auf Gesellschaften beschäftigt. In der republikanischen türkischen Literatur reflektiert diese literarische Form die Transformation des osmanischen Gesellschaftswesens hin zu einer neuen, national und westlich orientierten politischen Ordnung. Tanpınars essayistische Annäherung an Ankara, Konya, Erzurum, Bursa und Istanbul verdichtet und offenbart die enge semantische Beziehung zwischen Text und Stadt. Als ehemalige und letzte Hauptstadt des osmanischen Reiches nimmt Istanbul hierbei eine besondere Rolle ein: Tanpınars „altes Istanbul“ navigiert zwischen den Polen von Vergangenheit und Zukunft sowie Ost und West; die post-imperiale Verfasstheit der Stadt wird zur Quelle einer melancholischen Sinn- und Identitätssuche in der nationalen Gegenwart. Diese Verbindung von zeitlicher und örtlicher Zugehörigkeit wurde von Schriftsteller*innen vor Tanpınar, wie Peyami Safa, bereits angedeutet und von anderen nach ihm, wie Orhan Pamuk, weitergeführt. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der Vortrag mit der Verortung des Post-Imperialen in der Istanbuler Stadtsemantik und deren Bedeutung für die neuere türkische Literatur.Zeitraum | 21 Apr. 2021 |
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Gehalten am | Universität Hamburg, Deutschland |
Bekanntheitsgrad | Regional |
Schlagwörter
- Türkische Literatur
- Ahmet Hamdi Tanpinar
- post-imperiale Narrative
- Istanbul