Flüchtige Blicke in die Zukunft. Oder: Zur Verhandlung von Zukunft durch Geflüchtete im Wandel ihres Aufenthaltsstatus

  • Manuel Tom Liebig (Vortragende*r)
  • Jan Lange (Vortragende*r)

Aktivität: VorträgeVortragScience to Science

Beschreibung

Geflüchtete stehen bis zur Entscheidung über ihre endgültige Bleibeperspektive durch staatliche Behörden vor einer unsicheren Zukunft. Die Frage, welchen Aufenthaltsstatus sie besitzen, steht dabei in direkten Zusammenhang mit ihren Spielräumen an der Gesellschaft zu partizipieren. Dennoch sind Geflüchtete nicht als steuerbare Objekte misszuverstehen. So weisen etwa jüngere Arbeiten der Rechtsanthropologie darauf hin, dass das Recht sowohl Kategorisierungssysteme als auch Handlungsräume für Subjekte hervor-bringt (Merry 2012). Geflüchtete erfahren den ihnen vom Rechtsregime zuerkannten Status nicht passiv, vielmehr ist ihre Auseinandersetzung mit diesem von agency geprägt (Ku-kovetz 2017). Der Vortrag widmet sich der Frage, wie Geflüchtete ihre Zukunft vor dem Hintergrund eines wechselnden Aufenthaltsstatus entwerfen. Konkret steht der Übergang von der temporären Duldung zur Ausreiseaufforderung im Fokus. Mit der Änderung im Aufenthalts-recht verschiebt sich die individuelle Verhandlung von Zukunftsvisionen und vorstellbaren sowie erwünschten Horizonten alltäglicher Lebensführung. Ausgehend von einer Diskussion rechtsanthropologischer Positionen zu subjektiven Aneignungsprozessen des Rechts wird sich mit folgenden Fragen auseinandergesetzt: Wie verändern sich die Vorstellungen von Zukunft im Zuge eines veränderten Aufenthaltsstatus? Wie wirkt sich die Abhängigkeit von staatlichen Entscheidungen in dieser besonderen Lebenssituation aus? Welche zukunftsweisenden Handlungsmöglichkeiten werden adressiert und wie werden kreative Praktiken mit rechtlichen Restriktionen ausgehandelt? Bei all diesen Fragen geht es explizit nicht um eine Offenlegung subversiver Akte und Überlegungen, sondern um die Formulierung von Handlungsperspektiven, Wünschen und Zukunftsentwürfen, die aus einem bestimmten Status heraus entwickelt werden. Mittels eines biographietheoretischen Zugangs (Hengartner/Schmidt-Lauber 2005) werden die Geflüchteten dabei als handlungsfähige Akteur_innen thematisiert. Das empirische Material basiert auf semistrukturierten Einzel- und Gruppeninterviews, die zwischen Sommer und Winter 2017 in Wien, Berlin und Tübingen geführt wurden.
Zeitraum21 Sept. 2018
EreignistitelZur Gegenwart der Zukunft im Alltag: Planen. Hoffen. Fürchten
VeranstaltungstypKonferenz
OrtBonn, DeutschlandAuf Karte anzeigen
BekanntheitsgradInternational