Beschreibung
Die COVID-19 Pandemie mit ihren nationalistischen Einreiseverboten und Überwachungs-begehren scheint wie eine Zäsur, ist aber, bei analytischer Betrachtung, einfach nur als eine
weitere Steigerungsform eines schon in den frühen 2000er Jahren begonnen
misanthropischen turns in Japan zu konzeptualisieren, welcher die (geografische, strukturelle
und soziale) Bewegungsfreiheit von Menschen immer mehr einschränkt. Denn was wir derzeit
in Japan (und weltweit) beobachten, ist eine extrem selektive Mobilitätseinschränkung, die
Güter, Kapital und Informationen nicht in demselben Ausmaß betrifft wie Menschen.
Anhand von drei ganz unterschiedlichen Beispielen dieser misanthropischen Mobilitätsein-
schränkungen (innerstädtischer Straßenbau, mallification und Zugangskontrollen) wird
mittels anthropologischer Forschungsmethoden die Normalisierung und Institutionalisierung
von verräumlichten Formen eines Anti-Humanismus (nicht als Melancholie, sondern als
Feindseligkeit gegenüber gelebter Humanität) in Japan thematisiert. Besonders im Fokus steht
dabei die Diskrepanz zwischen der Narration der Einschränkungen als („Smart City") Lösung
eines Verkehrs-, Sicherheits- und Ordnungsproblems, und der impliziten Identifikation des
Störfaktors Mensch, welcher im foucaultschen Sinn zu disziplinieren, oder im
(post-)pandemischen Sinn zu virtualisieren ist.
Die vorherrschende Misanthropie, vorangetrieben durch kapitalistische Optimierungsprozesse
und eingeschrieben in institutionalisierte Machtgefüge, wird national und lokal ganz
unterschiedlich exekutiert und erschwert deshalb eine systematische Aufarbeitung, aber stellt
einen der prägendsten Faktoren der Gegenwart dar. Ziel dieses Vortrags ist es deshalb einen
ersten dringend notwendigen Schritt in Richtung der Theoretisierung von Misanthropie für
die Anthropologische Forschung zu gehen.
Zeitraum | 25 Aug. 2022 |
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Ereignistitel | 18. Deutschsprachiger Japanologentag |
Veranstaltungstyp | Konferenz |
Konferenznummer | 18 |
Ort | Düsseldorf, DeutschlandAuf Karte anzeigen |
Bekanntheitsgrad | International |
Schlagwörter
- japan
- stadt
- Urban Studies
- post-human
- anti-human
- anthropology