Sozialer Aufstieg, Abstieg und Kontinuität: Kann intergenerationale soziale Mobilität etwas zur Erklärung von solidarischen Haltungen und ausgrenzenden Einstellungen beitragen?

Aktivität: VorträgeVortragScience to Science

Beschreibung

In den vergangenen Jahren hat sich ein starker Rechtsruck in zahlreichen Staaten gezeigt (u.a. Deutschland, Österreich, USA, Brasilien). Parteien der extremen populistischen Rechten sind mittlerweile in einigen nationalen und/oder regionalen Regierungen vertreten (u.a. Österreich, Ungarn, Polen) oder konnten erhebliche Stimmenzuwächse verzeichnen und damit eine gestiegene Bedeutsamkeit in den nationalen Parlamenten erlangen (z.B. Goldene Morgenröte in Griechenland oder AfD in der BRD).
Der Veränderung in der politischen Landschaft geht ein gravierender sozio-ökonomischer Wandel in den vergangenen Jahrzehnten in zahlreichen europäischen Staaten, u.a. in Österreich voraus. Die Politik des „Austro-Keynsianismus“ (u.a. Sozialreformen, Vollbeschäftigung, hohe Beschäftigungssicherheit sowie ausgebauter Sozialstaat) beförderte durch soziale Aufwärtsmobilität eine Ausweitung der Mittelschicht und erzeugte bei vielen die Überzeugung, dass die eigenen Kinder ein besseres Leben haben werden (Hermann/Atzmüller 2009). Die Hinwendung zum „Austro-Neoliberalismus“ (Unger 1999) seit Beginn der 1980er Jahre (u.a. Privatisierungen, De-regulierung von Arbeitsmärkten, Einsparungen und Umbauten im Sozialsystem) hat diesen Trend durch die Rückkehr sozialer Unsicherheit in die gesellschaftliche Mitte umgekehrt und diese Überzeugung mittlerweile eher ins Gegenteil verkehrt. Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hat diese Entwicklungen (u.a. durch erhöhte Arbeitslosigkeit und Kürzungen im Sozialbereich) noch verschärft.
Die zunehmende soziale Unsicherheit und damit verbundene Abstiegsängste sowie die gestiegene soziale Ungleichheit werden häufig als bedeutende Gründe für die verstärkte Hinwendung zu Parteien und Bewegungen der extremen und populistischen Rechten sowie für die Zunahme unsolidarischer und ausgrenzender Haltungen gesehen (z.B. Heitmeyer 2018, Hofmann 2016, Nachtwey 2016 etc.). Für Decker (2018) stellen diese Haltungen, eingenommen quer durch alle sozio-ökonomischen Gruppierungen hindurch, auch die Vorstellung einer „Mitte“ als selbstverständlichen „Hort demokratischer Polis“ weitgehend in Frage. Vor diesem Hintergrund untersucht der Beitrag die Bedeutung von Positionsveränderungen im sozialen Raum - anhand von intergenerationaler sozialer Mobilität - für Vorstellungen von Solidarität und ausgrenzende Einstellungen in Österreich: Zeigen Leute, die im Vergleich zu ihren Eltern einen sozialen Aufstieg erlebt haben, eine stärkere Tendenz zu meritokratischen Haltungen à la „Wer wirklich will und sich bemüht kann alles erreichen“? Und stellt umgekehrt die eigene Abstiegserfahrung neoliberale Leistungs- und Erfolgsideologien in Frage und schafft Raum für solidarische Orientierungen unter sozial Benachteiligten? Oder führt sozialer Abstieg zu mehr Konkurrenz um wohlfahrtsstaatliche Unterstützung und tendenziell stärkerer Ausgrenzung potenzieller MitbewerberInnen? Gibt es diesbezüglich Unterschiede zwischen Bildungs- und Einkommensmobilität?
Diese Fragen werden anhand von Survey-Daten untersucht, die im Sommer 2017 im Rahmen des FWF-Projekts „Solidarität in Zeiten der Krise“ (SOCRIS; Projektnummer: I 2698-G27) erhoben wurden.
Zeitraum26 Sep. 201928 Sep. 2019
EreignistitelKongress der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie (ÖGS)
VeranstaltungstypKonferenz
OrtSalzburg, ÖsterreichAuf Karte anzeigen