Beschreibung
Enrique Dussel – einer der wichtigsten Vertreter dekolonialer Theorie/Praxis – wurde für seine Kritik des modernen Diskurses bekannt. Die Transmoderne beginne damit, „den Wert dessen zu bejahen, was von der Moderne zur zurückgewiesenen, ungeachteten und nutzlosen Exteriorität der Kulturen erklärt wurde“ (Dussel 2013: 16) – insbesondere die von Philosoph*innen der kolonialen Peripherie produzierten Theorien. Auch in der Corona-Pandemie fußt die Theoriebildung auf dem kolonialen Erbe der Produktion und Zirkulation von Wissen. Wesentliche theoretische Innovationen der post- und dekolonialen Theorie, aber auch feministischer Ansätze fußen – gerade angesichts dieser Gegebenheiten – auf der Reflexion über die Unzulänglichkeiten dominanter Theorien. Sie leisten einen Beitrag zur Sichtbarmachung von Exklusionsmechanismen sowohl hinsichtlich der „blinden Flecken“ (wie z.B. Eurozentrismus, Sexismus) als auch hinsichtlich der (Un-)Sichtbarwerdung von Theoretiker*innen im sozialwissenschaftlichen Diskurs. Im Lichte dieser Ansätze scheint der einzelne und einsame männliche – und an einem vermeintlichen theoretischen Nullpunkt ansetzende – Theoretiker nicht als historische Gegebenheit, sondern vielmehr als wirkungsmächtige Fiktion. Ansätze einer Theorie der Theoriebildung, welche die Theoriebildung im Sinne von separierbaren Handlungsschritten nach mathematisch- naturwissenschaftlichem Vorbild erklären wollen, missachten die Tatsache, dass die kritische Revision ihrer empirischen Grundlagen mehr als unabgeschlossen ist. Erläutern werde ich zwei Beispiele: 1. René Descartes, der in Dussels Kritik nicht mehr als Urheber der modernen Philosophie schlechthin erscheint, sondern als ein im kolonialen Diskurs agierender und rezitierter Philosoph; 2. Mary Jo Deegans „Female Chicago School of Sociology“, welche die unsichtbar gemachten Beiträge von Frauen zur soziologischen Theoriebildung an zentraler Stelle thematisiert. Der Beitrag wendet sich somit gegen eine „illusorische Abstraktion eines Nullpunktes“ in der Theoriebildung ebenso wie gegen die Fiktion des (historischen) einsamen und einzelnen Theoretikers. Diese ist nur aufrechtzuerhalten, wenn sein „Anderes“, sein „cogitatum“ ausgeblendet wird, so die vertretene Ansicht.Zeitraum | 24 Aug. 2021 |
---|---|
Ereignistitel | Post-Corona Gesellschaft? Pandemie, Krisen und ihre Folgen. Gemeinsamer Soziologiekongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie. |
Veranstaltungstyp | Konferenz |
Ort | Wien, ÖsterreichAuf Karte anzeigen |
Bekanntheitsgrad | International |
Schlagwörter
- Soziologische Theorie
- Geschichte der Soziologie
- postkoloniale Theorie