Die Dynamik einzelner Atome beeinflusst spezifische Eigenschaften, die Stabilität und somit auch die Fertigung vieler Materialien. Es ist jedoch nicht möglich, aus makroskopischen Eigenschaften direkt auf die Atombewegungen zu schließen. Die Untersuchung von Diffusionsmechanismen auf atomarer Skala stellt daher eine fundamentale Herausforderung für die Materialwissenschaft dar.
In einem vorangegangenen Projekt haben wir die Methode der atomaren Röntgen-Photonen- Korrelationsspektroskopie (aXPCS) entwickelt. Sie ermöglicht den Nachweis von sehr langsamen atomaren Bewegungen und die Untersuchung von Diffusionsprozessen in einem breiten Bereich von Materialien, da sie nicht (im Gegensatz zu vielen anderen Methoden) auf bestimmte Isotope beschränkt ist. Somit können auch amorphe Materialien untersucht werden, über deren atomare Dynamik besonders wenig bekannt ist. Als zentrales Argument für den Bau kohärenter Strahlungsquellen vor zwei Jahrzehnten wurde gerade die Möglichkeit der Untersuchung von atomarer Dynamik in amorphen Materialien angesehen. Dieses Ziel konnte im Rahmen des vorliegenden Projektes realisiert werden. Dabei wurden folgende Meilensteine erreicht:
i. Wir haben Diffusionsmessungen in ungeordneten kristallinen Materialien sowie in geordneten Phasen durchgeführt. Dabei konnten wir die Leistungsfähigkeit von aXPCS für die Untersuchung von atomaren Diffusionsmechanismen in geordneten intermetallischen Phasen demonstrieren und zeigen, dass zur richtigen Interpretation der Daten Kenntnis über die Nahordnung der Legierungskomponenten nötig ist.
ii. Wir weiteten unsere Diffusionsmessungen auf nichtmetallischen Systemen aus und zeigten, dass sich die Anwendbarkeit von aXPCS nicht auf ausgewählte metallische Elemente beschränkt. Die Diffusion von Germanium in einem Siliziumkristall wurde untersucht und die Ergebnisse zeigen, dass eine Diffusion über Leerstellen bei Temperaturen bis zu 1200K stattfindet.
iii. Wir haben einen wichtigen Beitrag bei der Messung von Diffusion in amorpher Materie geleistet und damit die volle Kapazität der aXPCS demonstriert. Die Dynamik amorpher Materialien konnte bisher hauptsächlich in der flüssigen Phase untersucht werden, da die klassischen Methoden schnelle atomare Bewegung erfordern. Wir konnten ein metallisches Glas und Oxidglas in fester Form untersuchen. Die Dynamik im metallischen Glas hatte ihren Ursprung in der Spannungsrelaxation bei Nanokristallwachstum. In netzwerkbildenden Gläsern basiert die Diffusion überraschenderweise auf Sprüngen einer definierten Länge zu Nachbarpositionen, die durch die Nanostruktur des Glases gegeben sind.
Im Rahmen dieses Projektes konnten wir alle geplanten Ziele erreichen und aXPCS als geeignete Methode zum Erlangen eines quantitativen Verständnisses von atomarer Diffusion etablieren. In Zukunft wird mit der zunehmenden Qualität kohärenten Synchrotronquellen eine Vielzahl weiterer Systeme für diese Methode zugänglich sein.