Projektdetails
Abstract
Forschungskontext: Die zeitgenössische indische Philosophie stellt ein einzigartiges hybrides Genre dar, da sie in englischer Sprache mit Sanskrit-Begriffen geschrieben wird und europäische und indische Traditionen miteinander verbindet. Anders als die jüngste Entwicklung postkolonialer, interkultureller und vergleichender Philosophien hin zu eigenständigen Disziplinen bleibt die anglophone indische Philosophie der Zeit nach der Unabhängigkeit in den Lehrplänen eher abwesend und wird allgemein nicht als Forschungsgebiet innerhalb und außerhalb Indiens anerkannt. Sie bleibt weitgehend unerforscht. Ziel und Hypothese: Das erste Ziel dieses Projekts besteht darin, das Feld der zeitgenössischen indischen Philosophie zu vermessen. Zu diesem Zweck stelle ich die Hypothese auf, dass die zunehmende Verwendung der Begriffe Humanismus und Anthropozentrismus in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts eine unbemerkte philosophische Verschiebung offenbart, um die herum ein kohärentes Bild des Feldes gezeichnet werden kann. Während die moderne neo-Vedantische Reduktion der indischen Philosophie auf eine transzendentale, nicht-dualistische Konzeption des Selbst (atman) noch heute im Verständnis der indischen Philosophie vorherrscht, haben zeitgenössische indische Philosophen diese Reduktion kritisch hinterfragt, indem sie plurale Selbste in die Welt reintegrieren. Herangehensweise: Dieser Wandel zeigt sich auch in der postkolonialen Entwicklung der indischen Philosophie, die ich in drei Ansätzen analysiere. Erstens untersuche ich, wie die postkoloniale Hybridität der indischen Philosophen, die unvereinbare Systeme aus verschiedenen indischen und westlichen Traditionen integrieren mussten, einen epistemologischen Pluralismus förderte. Indem ich mich auf Dharma und Intersubjektivität konzentriere, hinterfrage ich zweitens die Brüche und die Kontinuität der klassischen indischen Traditionen in der heutigen Zeit, mit der Notwendigkeit einer kritischen Neuinterpretation klassischer Sanskrit-Begriffe, um die politische und moralische Philosophie von heute zu begründen. Drittens untersuche ich durch die Hervorhebung eines Dialoges zwischen neo- Vedantischen und zeitgenössischen Philosophen, wie diese die Befreiung von der Welt (moka) durch die Freiheit mit anderen in der Welt ersetzen und dadurch die klassischen und antikolonialen, spiritualistischen Ansätze der indischen Philosophie herausfordern. Innovation: Die spürbare Vernachlässigung der zeitgenössischen indischen Philosophie in der globalen akademischen Welt lenkt die Aufmerksamkeit auf die verbleibenden Lücken innerhalb der interkulturellen und postkolonialen Philosophien. Sie weist auch auf die Notwendigkeit für letztere hin, über die kritische Auseinandersetzung mit dem Eurozentrismus im westlichen Kanon hinauszugehen. Die Wiedereingliederung der Stimmen zeitgenössischer indischer Philosophen in eine fortlaufende Geschichte der Weltphilosophie unterstreicht eine unterrepräsentierte Kontinuität zwischen der Klassik, der Moderne und der Gegenwart und arbeitet die Konzeption der indischen Philosophie als dynamisch, kreativ und dialogisch auf, gleich jeder anderen Tradition. Die wichtigsten beteiligten Forscher*innen: Nalini Bhushan und Jay Garfield (Smith College), Bhagat Oinam (Jawaharlal Nehru University), A. Raghuramaraju (IIT Tirupati), Georg Stenger (Universität Wien).
Status | Laufend |
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Tatsächlicher Beginn/ -es Ende | 15/04/25 → 14/04/26 |