Die Familienberatung hat in Österreich eine sehr lange Tradition und stellt eine wichtige Säule im psychosozialen Unterstützungssystem in Österreich dar. Bereits in den 1950er Jahren stand die erste Familienberatungsstelle in Wien im Dienste der Öffentlichkeit. Mit der Legalisierung der Abtreibung im Jahr 1974 wurden, als eine von mehreren flankierenden Maßnahmen, die geförderten Familienberatungsstellen eingeführt. Um die Qualität der Beratung in den geförderten Familienberatungsstellen aufrecht zu erhalten bzw. zu verbessern, wurden 2015/2016 im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses die Qualitätskriterien für jene Berufsgruppen, die Beratungen laut Familienberatungsförderungsgesetz in den Familienberatungsstellen durchführen dürfen, an die aktuellen Ausbildungsstandards angepasst. Eine Maßnahme, die eine durchgängige, qualitativ hochwertige Beratung gewährleisten soll. In einem nächsten Schritt soll nun die Wirkung der in Österreich angebotenen geförderten Familienberatung im Fokus des Qualitätssicherungsprozesses stehen. Als Ausgangsbasis dafür wurde, beginnend im Jahr 2018, die vorliegende Evaluationsstudie vom ÖIF im Auftrag des Bundeskanzleramtes durchgeführt.
Zentrale Forschungsfragestellung für die vorliegende Studie war es, einerseits zu fassen, wie Klient*innen und Berater*innen eine gute bzw. gelungene Beratung definieren und beschreiben. Andererseits zu erforschen, woran Klient*innen und Berater*innen die (subjektive) Wirkung von Beratung festmachen. Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wurde auf Basis einer Literaturrecherche sowie Ergebnissen aus Fokusgruppen mit Klient*innen und Berater*innen ein theoretisches Konzept entwickelt, das die Grundlage für die Ausgestaltung der weiteren methodischen Schritte lieferte. Die Frage „was die Qualität der Beratung beeinflusst“ wurde dem Konzept sozusagen als übergeordnete Fragestellung zugrunde gelegt. In dieser Fragestellung spiegelt sich u. a. die Bedeutung der therapeutischen Allianz sowie die subjektive Wirkung der Beratung wider. Um die Qualität der Beratung zu fassen wurden sieben Faktoren auf der Basis bisheriger Forschungsergebnisse gebildet: (1) Persönlichkeitsmerkmale der Klient*innen, (2) Soziale Unterstützung/Ressourcen der Klient*innen, (3) Strukturelle Rahmenbedingungen der Beratung, (4) Berater*innen-Merkmale, (5) Klient*innen-Berater*innen-Beziehung (therapeutische Allianz), (6) Zielerreichung bzw. Zieldefinition und (7) die subjektive Zufriedenheit mit der Beratung bzw. die subjektiv wahrgenommenen Veränderungen durch die Beratung. Zur Beantwortung der Forschungsfragestellungen wurde ein Methodenmix eingesetzt, der unterschiedliche Perspektiven zu erfassen und zu analysieren erlaubte (methodische und perspektivische Triangulation). Die jeweilige Perspektive von Klient*innen und Berater*innen wurde jeweils getrennt voneinander durch online Fragebögen sowie qualitative Interviews erhoben und in gemeinsamen Fokusgruppen.
Das methodische Design erlaubte die Darstellung der Ergebnisse und Analysen auf eine breite Datenbasis zu stellen. Über die Online-Befragungen wurden 247 (N) Klient*innen (Primärerhebung), 414 (N) Berater*innen (rund ein Viertel aller Berater*innen die an einer geförderten Familienberatungsstelle tätig sind) und 1095 (N) Fachkräfte aus dem psychosozialen, pädagogischen, medizinischen und behördlichen Bereich erfasst. Zurückhaltender stellten sich Klient*innen in der Bereitschaft für eine zweite Erhebung dar: Rund die Hälfte der Klient*innen erklärte sich für eine zweite Erhebung nach einem Jahr bereit, davon beteiligten sich dann ein Jahr später 57 (N). Beim Einsatz qualitativer Forschungsmethoden wurden im Rahmen von vertiefenden Einzelinterviews 5 (N) Klient*innen mit mangelnden Deutschkenntnissen interviewt sowie 7 (N) Berater*innen. Der Fokus der Einzelinterviews lag auf Klient*innen bzw. Berater*innen, die mit diesen Arbeiten aufgrund von z. B. ihren Deutschkenntnissen nicht in der Lage waren, sich an der Online-Befragung zu beteiligen. Das Recruiting sowie die Durchführung gestaltete sich durch die SARS-CoV-2-Pandemie schwieriger als erwartet. Im Rahmen der qualitativen Zugänge wurden auch zwei Fokusgruppen mit Klient*innen und Berater*innen durchgeführt.