Die kürzlich erfolgte, bahnbrechende Entdeckung von Gravitationswellen hat einmal mehr deutlich gemacht, wie präzise Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie die Geometrie unserer Raumzeit beschreibt. Man kann daher mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass auch weitere Vorhersagen aus Einsteins Gleichungen in der Zukunft durch ebenso spektakuläre Experimente nachgewiesen werden. Dies unterstreicht einmal mehr die Bedeutung des mathematischen Studiums der Allgemeinen Relativitätstheorie und verwandter Gebiete. Das vorgeschlagene Projekt widmet sich dem mathematischen Studium eines Systems bestehend aus Einsteins Gleichungen gekoppelt mit der sogenannten Vlasov Gleichung — dem Einstein-Vlasov System. Dieses System beschreibt Ensembles von Teilchen, die sich auf idealisierten Bahnen bewegen ohne zu kollidieren und nur durch die Gravitation wechselwirken. Diese Annahmen sind sehr gut vereinbar mit Beobachtungen unseres Universums auf grossen Skalen: Galaxien und Galaxienhaufen bewegen sind tatsächlich beinahe kollisionsfrei und unterliegen fast nur Effekten der Gravitation. Es ist zu erwarten, dass das Studium des Einstein-Vlasov Systems Aufschluss gibt über das Verhalten unseres Universums auf grossen Skalen. Im Projekt wollen wir uns gewissen Fragen widmen, die wir im Folgenden beschreiben.
Ewige Expansion oder Kollaps? Es ist bekannt, dass unser Universum expandiert. Mathematische Modelle legen allerdings nahe, dass es sich dabei lediglich um eine zeitweise Expansion handeln könnte, die an einem gewissen Punkt ihr Maximum erreicht und dann kollabiert, also eine Kontraktion durchläuft und schliesslich in einem Big Crunch, dem Gegenteil eines Big Bang, endet. Im alternativen Szenario endet die Expansion nie und das Universum dehnt sich für alle Zeiten aus. Es bestehen interessante Vermutungen über einen Zusammenhang der topologischen Gestalt unseres Universums und diesem Verhalten. Ein Ziel des Projektes ist es, diesen Zusammenhang für das Einstein-Vlasov System zu untersuchen und rigorose Aussagen darüber zu beweisen.
Natur von Singularitäten. Es ist bekannt, dass unser Universum in einem sogenannten Big Bang entstand. Im Sinne der Einstein Gleichungen ist dies eine Singularität aus der heraus sich das Universum begonnen hat auszudehnen. Eine grundlegende Frage zu derartigen Singularitäten ist es, ob die Raumzeit an dieser Stelle tatsächlich endet oder ob es möglich ist sie durch diese hindurch fortzusetzen. Eine Methode um zu zeigen, dass die Raumzeit tatsächlich in einer Singularität endet wäre es nachzuweisen, dass die Krümmung ebenjener an dieser Stelle divergiert, also unendlich gross wird. Ein weiteres Ziel der Projektes ist es, ebenjenen Effekt für eine Klasse von Modellen rigoros nachzuweisen.
Stabilität von Modellen. Eine wichtige Eigenschaft von Modellen zur Beschreibung des Universums ist ihre Stabilität. Damit ist gemeint, dass leichte Abweichungen von den Anfangsbedingungen des Modells wieder zu einem Modell führen, dessen globale Geometrie sich nur wenig vom ursprünglichen Modell unterscheidet. Eigenschaften dieser Art im Kontext des Einstein-Vlasov Systems für verschiedene bekannte Modelle von Raumzeiten nachzuweisen ist ein weiteres Ziel des beschriebenen Projektes.