Die Quantenphysik lehrt uns, dass Materie viele spannende Eigenschaft hat, die wir im Alltag normalerweise kaum bemerken. Während wir uns für gewöhnlich Atome und Moleküle als lokalisierte kleine Bausteine der Natur vorstellen, mit wohl definiertem Ort und Impuls, vergleichbar mit kleinen Legoblocks, so ist doch schon seit 90 Jahren bekannt, dass Materie auch stets mit einer quantenmechanischen Wellenfunktion versehen ist. Diese Wellenfunktion trägt viele Charakteristika von Wellen wie wir sie auf Wasseroberflächen, in der Akustik oder von Licht kennen: sie kann sich ausbreiten, beugen und zwei oder mehr Wellenzüge können sich auch verstärkend oder auslöschend überlagern, sprich: interferieren. Die Quantenphysik unterscheidet sich aber von der klassischen Mechanik dadurch, dass diese Phänomene auch noch für individuelle Atome oder Moleküle gelten.
Das wird dadurch nachgewiesen, dass man ein Ensemble einzelner Teilchen der Materiewelleninterferometrie unterwirft. Der Erfolg in früheren Experimenten mit Elektronen, Neutronen und Atom gab den Anstoß, auch Quantenexperimente mit komplexen Molekülen durchzuführen. Die Forschungsgruppe Quantennanophysik an der Universität Wien ist heute ein Zentrum für Beugung- und Interferenzexperimente mit Clustern und Molekülen. Hier wurde auch erstmals die Wellennatur von Molekülen nachgewiesen, von den jedes einzelne schon aus mehr als 800 Atomen besteht und mehr als 10.000 Protonenmassen schwer ist – ein Weltrekord. Es stellt sich zudem heraus, dass die Maschinen, die für den Nachweis der Quantenwellennatur konzipiert wurden, auch höchst empfindliche Kraftsensoren für die Molekülmetrologie und für neue Tests in fundamentaler Physik sein können.
Im Projekt COLMI soll LUMI entstehen, das erste universelle Molekülinterferometer mit einer Basislänge von 2 Metern, in dem man Atome ebenso wie eine ganze Klasse komplexe Vielteilchensysteme von Biomolekülen bis hin zu Metallclustern in ein und derselben Maschine kohärent manipulieren, interferieren und vermessen kann.
LUMI wird 10-mal länger als frühere Molekülexperimente und für die Beugungsgitter modernste Lasertechnologie ausnutzen. Dadurch soll Quanteninterferenz mit de Broglie Wellenlängen bis hinunter zu 𝜆𝑑𝐵≃ 50 fm beobachtbar werden, eine Größenordnung feiner als in jedem bisherigen Materiewelleninterferometer. Um dies zu ermöglichen, werden wir neue Strahlteilertechniken und Interferometerkonzepte testen. Erheblicher Aufwand wird in die mechanische und thermische Isolation und Kompensation externer Störungen fließen sowie in die systematische Korrelation von Störungen mit den Interferometersignalen. Diese Einflüsse werden aufgrund der bis zu 100-fach erhöhten Kraftempfindlichkeit nun ebenso relevant wie die Rotation und die Gravitation der Erde. Das Projekt COLMI soll neue Tests des Quantensuperpositionsprinzips vorbereiten und so zur Basis eines der leistungsstärksten Werkzeuge der quantenbasierten Molekülmetrologie bereitstellen.