Nukleosynthese im Labor - Neutroneneinfang an Fe und Ni

  • Wallner, Anton (Projektleiter*in)

Projekt: Forschungsförderung

Projektdetails

Abstract

Das beantragte Projekt hat Präzisionsmessungen der Neutroneneinfangswirkungsquerschnitte von Eisen und Nickel zum Ziel und soll einen wesentlichen Beitrag liefern, um die vor kurzem gefundenen Unstimmigkeiten bei der s-Prozess-Nukleosynthese der Kerne im Massenbereich kleiner A = 120 aufzuklären. Diese Un-stimmigkeiten resultieren aus Ergebnissen jüngster Untersuchungen von r-Prozess-Elementen in ultra metall-armen Sternen. In diesen Sternen skalieren die Häufigkeiten von Elementen schwerer als Barium mit den r-Prozess-Häufigkeiten, die für unser Sonnensystem gefunden wurden. Für Elemente leichter als Barium (A<120) weisen sie hingegen eine systematische Abweichung von etwa 20% auf. Eine ähnliche Unstimmigkeit beobachtet man für reine s-Isotope, im Massenbereich leichter als Barium. Diese Befunde deuten darauf hin, dass die Standardbeschreibung der s-Prozess-Nukleosynthese unvollständig ist. Entweder liegt eine systematische Abweichung der experimentellen Daten vor (hauptsächlich bei den Neutronen-einfangswirkungsquerschnitten), oder es treten weitere, derzeit noch nicht berücksichtigte, Mechanismen auf. Der erste Punkt kann mit Präzisionsmessungen der Neutroneneinfangswirkungsquerschnitte untersucht werden, bei denen die verbesserte Kenntnis von Korrekturen für die Neutronenempfindlichkeit der Detektoren zu einer systematischen Verschiebung der aktuellen Werte führen könnte.
Zur Klärung dieser Frage schlagen wir Messungen der Neutroneneinfangswirkungsquerschnitte an 54Fe und 62Ni vor, die sich beide am Beginn des s-Prozess-Pfades befinden. Zur Separation systematischer Fehler sind Experimente mit jeweils zwei unabhängigen Methoden geplant, (1) eine direkte Messung unter Verwendung der Neutronenflugzeitmethode und (2) eine komplementäre Messung unter Verwendung von Neutronenaktivierungsmethode und Beschleunigermassenspektrometrie (AMS). Eine besonders geeignete experimentelle Einrichtung für die direkten Neutroneinfangsmessungen stellt die n_TOF-Anlage am CERN dar, bei
der speziell gefertigte C6D6 Detektoren mit äußerst geringer Neutronenempfindlichkeit sowie ein 4πBaF2 Totalabsorptionskalorimeter zur Verfügung stehen, um Einfangereignisse im Neutronenenergie-bereich zwischen 0.1 und 500keV detektieren zu können. Die Antragsteller sind mit dieser Anlage bestens vertraut, da sie der
n_TOF-Kooperation seit ihrem Beginn im Jahr 2000 angehören. Der vorliegende Antrag ist ein wesentlicher Teil des für n_TOF vorgesehenen wissenschaftlichen Programms und wurde bereits vom INTC-Komitee des CERN begutachtet und akzeptiert. Die zugehörigen Experimente sind für die nächste Messserie vorgesehen, welche
voraussichtlich 2008 beginnt. Für die Messungen mit der Aktivierungsmethode werden die 54Fe Proben im astrophysikalisch relevanten Energiebereich am 3.7 MV Van de Graaff Beschleuniger des Forschungszentrums Karlsruhe bestrahlt und mit hoher Präzision mittels AMS am VERA-Beschleuniger in Wien analysiert. Unabhängig
von diesem Antrag wird eine 62Ni Probe am Forschungs-zentrum Karlsruhe bestrahlt und an der AMS-Anlage in München analysiert werden. Wir erwarten, dass die Kombination der vorgeschlagenen Experimente die
zuverlässigsten Werte der Neutroneneinfangs-wirkungsquerschnitte von 54Fe und 62Ni liefert und wesentlich zur Aufklärung der gegenwärtigen Unstimmig-keiten innerhalb des s-Prozesspfades beiträgt. Abseits der
astrophysikalischen Relevanz dieser Messungen erhalten wir damit einen präzisen 55Fe Standard für allgemeine AMS-Messungen und stellen Daten zur Verfügung, die für die Materialcharakteristik in neuen Konzepten der Kerntechnik von Interesse sind.
StatusAbgeschlossen
Tatsächlicher Beginn/ -es Ende1/03/0831/08/11

Schlagwörter

  • nuclear astrophysics
  • neutron capture
  • s process
  • n_TOF
  • ultra metal-poor stars
  • AMS