Die Singularitätentheoreme der allgemeinen Relativitätstheorie, die
in ihrer ursprünglichen Form erstmals von R. Penrose und S. W. Hawking bewiesen wurden, bilden wichtige Meilensteine der Theorie und haben im Lauf der letzten 50 Jahre den Anstoß zu vielen grundlegenden
Forschungsarbeiten, sowohl in der Relativitätstheorie, als auch in der Differentialgeometrie gegeben. Diese Resultate besagen, dass unter gewissen physikalisch plausiblen Annahmen eine Raumzeit (also ein mathematisches Modell des Universums) Singularitäten entwickeln muss, in dem Sinn dass sie notwendiger Weise unvollständige kausale Kurven enthalten muss, al
so entweder Lichtstrahlen oder materielle Teilchen, die nicht für alle Zeiten existieren. Beispiele für solche Raumzeit-Singularitäten sind einerseits, auf lokaler Ebene, sogenannte schwarze Löcher (Raumzeit-Regionen, aus denen
selbst Lichtstrahlen nicht entweichen können), sowie auf kosmologischer Ebene Anfangs-bzw. Endsingularitäten (Big Bang bzw. Big Crunch).
Eine inhaltliche Schwäche der meisten Singularitätentheoreme besteht darin, dass sie keine allgemeinen Aussagen über die Natur der vorhergesagten Singularitäten treffen (beispielsweise ob diese durch Regionen unbeschränkter Krümmung der Raumzeit verursacht werden). Im Prinzip wäre
es denkbar, dass diese Resultate einfach einen Abfall der Regularität des mathematischen Modells (der Raumzeit-Metrik) implizieren, der vom physikalischen Standpunkt aus nicht als singulär zu betrachten wäre. Aus diesem Grund besteht seit langem ein großes Interesse daran, die minimale Regularität der Raumzeit zu bestimmen, unter der die Folgerungen der Singularitätentheoreme ihre Gültigkeit behalten.
Im Lauf der letzten Jahre wurden bedeutende Fortschritte im Verständnis der Kausalitätstheorie in niedriger Regularität erzielt, die es Mitgliedern unserer Froschungsgruppe erlaubt haben, zu beweisen, dass sowohl das Penrose-Theorem wie auch das Hawking-Theorem ihre Gültigkeit in
dieser allgemeineren Situation behalten.
Ein natürlicher nächster Schritt besteht nun darin, auch das
bisher allgemeinste Singularitätentheorem, das von Hawking
und Penrose gemeinsam bewiesen wurde, in ähnlicher Weise zu verallgemeinern. Dies ist das erste Hauptziel des Projektes.
Das zweite Hauptziel ist die Entwicklung neuer geometrischer Methoden zur Behandlung der oben beschriebenen Probleme.
Insbesondere werden wir die sogenannte Comparison Geometry für semi-Riemann Metriken niedriger Regularität verwenden und weiterentwickeln. Dabei handelt es sich um eine mathematische Theorie, die es gestattet, allgemeine Geometrien mit relativ einfachen (stark symmetrischen) Modellräumen zu vergleichen, insbesondere in Hinblick auf ihre Krümmung, sowie bezüglich der Fläche bzw. des Volumens von Raumzeit-Regionen. Auf diese Weise hoffen wir, neue qualitative und quantitative Einsichten in die Natur der Singularitätentheoreme zu gewinnen und eine neue mathematische Sprache zur Behandlung dieses
wichtigen Problems im Schnittbereich von allgemeiner Relativitätstheorie und Differentialgeometrie zu entwickeln.
Das Kernteam des Projektes wird aus J. D.E. Grant, M. Kunzinger, R. Steinbauer, und J.A. Vickers bestehen, alles erfahrene Wissenschaftler, die in den letzten Jahre substantielle Beiträge zu diesem Gebiet geleistet haben.