Tibetische Madhyamaka Exegese: spätere Entwicklungen

Projekt: Forschungsförderung

Projektdetails

Abstract

Im Rahmen eines Langzeitforschungsinteresses des Antragsstellers und des Institutes für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde, nämlich der tibetischen Madhyamaka-Exegese, hat dieses Projekt eine Untersuchung dieses Themas in seinen späteren Entwicklungen zum Ziel. Diese erfolgt auf der Basis seiner letzten formativen Periode, repräsentiert durch den rNying ma-Gelehrten 'Ju Mi pham (1846-1912) und die Auseinandersetzung zwischen dessen ris med-Bewegung und - hauptsächlich - der dGe lugs pa-Schule. Nachdem sich Madhyamaka in Tibet als prägende philosophische Sichtweise etabliert hatte, waren dessen Grundkonzepte, die Lehre von den zwei Wirklichkeiten (satyadvaya) und die damit verbundene Vorstellung von Leerheit (shunyata), Objekt zahlreicher vehementer Debatten unter tibetischen Gelehrten und auch die Dispute des 19. Jahrhunderts zwischen Mi pham und seinen Gegnern konzentrierten sich auf diese Themen. Ausgangspunkt war Mi phams Nor bu ke ta ka (NK), ein innovativer Kommentar zum 9. Kapitel von Shantidevas (ca. 8. Jh.) Bodhicaryavatara (BCA), eine der indischen Hauptquellen für die betreffenden Konzepte. Die Auseinandersetzungen reichten über einen Zeitraum von zwanzig Jahren und wurden durch den Austausch von polemischen Streitschriften, so genannte dgag lan-Texte, geführt. Trotz ihrer entscheidenden Rolle für die tibetische Religions- und Philosophiegeschichte wurden bis dato nur kleinere Detailprobleme der Kontroversen studiert. Eine Erforschung der Debatte an sich, als ein dynamischer Austausch von Argumenten, blieb aus.
In seiner Untersuchung wird sich das Projekt auf drei wesentliche Aspekte konzentrieren:
A) Edition, Übersetzung und Annotation der relevanten Textstellen. Das Zusammentragen und Darlegen des betreffenden Textmaterials sowie die Analyse des philosophischen Austauschs und der jeweiligen Positionierung der debattierenden Partner wird nicht nur ein Bild der Madhyamaka-Exegese in ihrer formativen Periode der rezenteren Zeit abgeben, sondern wird auch Licht auf das Problemfeld der Interpretation von indischen Grundlagentexten durch tibetische Gelehrte werfen.
B) Strukuranalyse der dgag lan-Debatte, ein in der Wissenschaft sehr vernachlässigter Themenkreis.
C) Der sozio-politische Hintergrund der Kontroversen. Die Auseinandersetzungen fanden vor dem Hintergrund der so genannten ris med-Bewegung statt, einer religiösen Bewegung, die durch die Betonung religiöser Vielfalt versuchte, zur Dominanz der dGe lugs pa ein Gegengewicht zu sein. Unter diesem Blickwinkel ist Mi pham nicht nur als philosophischer, sondern auch politischer Gegner der dGe lugs pa zu sehen. Das Projekt wird daher untersuchen, in welchem Ausmaß sich diese Umstände in der philosophischen Auseinandersetzung widerspiegeln. In der Forschung wird die Zusammenarbeit mit einheimischen Gelehrten betont. Da große Teile dieser noch andauernden Debatte und ihrer Kommentartradition nur mündlich zugänglich sind, wird ein längerer Zeitraum dieser Studie des Austauschs mit tibetischen Gelehrten in traditionellen Lehreinrichtungen in Indien gewidmet. Die Ausführung des Projekts erfolgt am Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde der Universität Wien. Wie bereits oben beschrieben erfüllt es ein Langzeitforschungsinteresse des Antragsstellers. Der vorgesehene Hauptmitarbeiter Mag. Viehbeck ist nicht nur ein Experte in der Madhyamaka-Philosophie und der historischen Einbettung der Kontroversen, sondern kann auch eine reiche Erfahrung in der Zusammenarbeit mit tibetischen Gelehrten aufweisen.
StatusAbgeschlossen
Tatsächlicher Beginn/ -es Ende7/02/076/10/10

Schlagwörter

  • Buddhism
  • Tibet
  • Madhyamaka
  • ris med - movement