Jugendliche sind besonders häufig Opfer von oft massiver, aktiv ausgeübter, medial vermittelter Gewalt, wie z.B. Cybermobbing in Form von schwer übergriffigen Postings, rassistischen oder anzüglichen Beleidigungen, Erpressung oder sexuelles Bedrängen mit pornographischen Inhalten, Konfrontation mit Schockvideos (z.B. Hinrichtungsszenen), missbräuchliche Verwendung des Facebook-Kontos oder Erstellung von Fakeprofilen bis hin zu physischer Gewalt- oder Tötungsandrohungen. Diese Übergriffe, die z.B. in Sozialen Netzwerken, auf Foto- und Videoplattformen, beim Chatten oder via Instant Messenger stattfinden, fallen in der Regel noch massiver aus als im realen Alltag, da die virtuelle Distanz und die Anonymität zu zunehmender Enthemmung der TäterInnen führt. Häufig ist den TäterInnen die emotionale Tragweite ihrer Handlungen nicht einmal bewusst. Für betroffene Cyber-Opfer ist es besonders belastend, dass solche Übergriffe zusätzlich vor einem ungleich größeren, unkontrollierten Kreis unbeteiligter Dritter (Online-Bystander) öffentlich zur Schau gestellt werden - dabei hat gerade diese Öffentlichkeit hohes Interventionspotenzial.
Das Projekt Zivilcourage 2.0 rückt daher das bislang in der Forschung kaum berücksichtigte hohe Präventionspotenzial jugendlicher Online-Bystander in den Mittelpunkt. Ziel ist es, jene Faktoren, Mechanismen und Wirkungsweisen zu identifizieren, die zivilcouragiertes Handeln Jugendlicher in Online-Kontexten fördern oder hemmen. Neben einem dringend notwendigen Beitrag zur Grundlagenforschung wird in Zusammenarbeit mit den KooperationspartnerInnen (s.u.) ein jugendgerechtes Interventionsrepertoire sowie ein umfassendes Informations-, Schulungs- und Trainingsangebot ausgearbeitet, um Zivilcourage von Jugendlichen auch im Internet nachhaltig zu fördern.
Die Studie startet mit einer explorativen Phase, in der mittels Gruppendiskussionen mit Jugendlichen und ExpertInneninterviews nach typischen Szenarien gesucht wird, in denen zivilcouragiertes Verhalten Jugendlicher in Online-Kontexten gefragt ist. Weiters wird der Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen hier Zivilcourage gelingen kann und welche Handlungsmodelle dafür geeignet sind. In einer quantitativen Vignettenstudie unter 14- bis 18-Jährigen werden diese Bedingungen und Handlungsoptionen systematisch anhand gezielt variierter Online Zivilcourage-Settings untersucht. Aufbauend auf den empirischen Erkenntnissen werden in Kooperation mit den ProjektpartnerInnen konkrete Zivilcourage-Trainingskonzepte, gezielte (Online)-Informationskampagnen, sowie Schulungs- und Lehrangebote für Jugendliche und ProfessionistInnen der Jugendarbeit erarbeitet.