Die gewusste Liebe: Aspekte einer wissensförmigen Herstellung romantischer Intimität

Thomas Slunecko, Martin Schmid

Veröffentlichungen: Beitrag in BuchBeitrag in Konferenzband

Abstract

Die Suche nach geeigneten Liebes- und Lebenspartnern wird in Zeiten ihrer digitalen Vermittlung zu einer hochgradig wissensförmigen Angelegenheit. Im Kontext internetgestützter Partnermärkte spielen dabei insbesondere als psychologisch überschriebene Testverfahren eine Rolle, die im Hinblick auf die jeweils zu erhebenden Beziehungskonzepte und Beziehungspersönlichkeiten eine Art romantische Wissensbasis generieren und Letztere zur erfolgreichen Teilnahme am Liebesmarkt voraussetzen. Auf Grundlage einer solchen Wissensbasis können Partnerprofile zielorientiert differenziert, gefiltert, einander zugeordnet und kontaktiert werden. Im Kontext einer Ziel- bzw. Lösungsorientierung romantischer Suchprozesse kann dabei auch von einer Form der Rationalisierung und Ökonomisierung von Intimität gesprochen werden, wie dies bereits Eva Illouz in ihren kultursoziologischen Studien zu Liebe und Partnerschaft darlegt. Hierbei überschneiden sich »psychologische Kenntnisse« mit einer Form der instrumentell-rationalen Partnerwahl, die sich vom Prinzip des Marktes ableitet (vgl. Illouz 2011, S.319). Im Zuge einer Übersetzung des privaten Selbst in seinen öffentlichen Auftritt kommt es ferner zu einer Art Essenzialisierung des Selbst. Dabei bilden als situationsinvariat verstandene und als solche erkennbare Beziehungsressourcen bzw. Beziehungspotenziale die Grundlage von tauschförmigen Kommunikationsprozessen. Dies wird hier anhand einer Auswahl an empirischen Beispielen zur Praxis digitaler Partnermärkte im besonderen Hinblick auf die technologische Prozessstruktur bzw. Architektur romantischer Partnerwahl veranschaulicht. In diesem Zusammenhang wird schließlich der weiterführende technikphilosophische Begriff des Verfügungswissens (Heidegger) reflektiert. In der digitalisierten Variante der Liebespartnerwahl agiert in einer ersten Instanz ein starkes (Beobachter)-Subjekt, welches über statisches Wissen in Bezug auf potenzielle LiebespartnerInnen (und sich selbst) zu verfügen meint. Auf Basis eines solchen Wissens wird die romantische Begegnung dekontextualisiert bzw. entspontaneisiert und dementsprechend einem Phantasma der technischen Manipulierbarkeit zugänglicher. Das virtuelle Liebesversprechen wird sozusagen aus sicherer sowie differenziert regulierbarer Distanz analysiert, bewertet, strategisch antizipiert und planvoll umgesetzt bzw. kontrolliert (erlebt).
OriginalspracheDeutsch
TitelMachtwirkungen & Glücksversprechen
UntertitelGewalt und Rationalität in Sozialisation und Bildungsprozessen
Redakteure*innenKlaus-Jürgen Bruder, Christoph Bialluch, Benjamin Lemke
ErscheinungsortGießen
Herausgeber (Verlag)Psychosozial-Verlag
Seiten285-303
ISBN (Print)978-3-8379-2322-3
PublikationsstatusVeröffentlicht - 1 Feb. 2014

ÖFOS 2012

  • 501001 Allgemeine Psychologie

Zitationsweisen