Steuerwidmung für alle statt Kirchenbeitrag? Vor- und Nachteile einer „Mandatssteuer“ zur Kirchenfinanzierung

Andreas Kowatsch (Redakteur*in)

Veröffentlichungen: Elektronische/multimediale VeröffentlichungWebpublikation

Abstract

Vor 85 Jahren, am 1. Mai 1939, erließen die Nationalsozialisten das „Gesetz über die Erhebung von Kirchenbeiträgen im Lande Österreich“, kurz: Kirchenbeitragsgesetz. Die erklärte Absicht des Regimes war, die Gläubigen massenhaft zum Austritt aus der Katholischen Kirche (aber auch der Evangelischen und der Altkatholischen Kirche) zu bewegen, weil sie sich dadurch der Pflicht zur Beitragszahlung entziehen konnten. Mit dem Kirchenbeitragsgesetz stellte der nationalsozialistische Staat die Zahlungen an die Kirche aus den Religionsfonds ein. Diese im Wesentlichen auf Klosteraufhebungen durch Kaiser Joseph II. zurückgehenden Sondervermögen wurden vom Staat verwaltet, hatten aber ihre kirchliche Zweckwidmung behalten. Hitler selbst hatte in den Wortlaut des Kirchenbeitragsgesetzes eingegriffen und angeordnet, dass die Kirche zur Einbringung von offenen Beiträgen wie jeder beliebige Verein auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Gleichzeitig wurden die (innerkirchlichen) Kirchenbeitragsordnungen von einer staatlichen Genehmigung abhängig gemacht, womit die Rechtsstellung der Kirche de facto noch schlechter war als jene eines x-beliebigen Vereins. Zwar folgten mehrere zehntausend Katholiken dem Wunsch des Regimes, die gewünschte Schwächung der Kirche blieb jedoch aus. Obwohl die Österreicher mentalitätsmäßig nicht an private Leistungen für die Kirche gewöhnt waren, folgten diese dem Aufruf der Bischöfe zur Beitragszahlung in überwältigender Mehrheit. Mehr noch – durch die Zahlung des Kirchenbeitrags konnte man diskret gegen das Regime demonstrieren.
OriginalspracheDeutsch
MediumOnline
DOIs
PublikationsstatusVeröffentlicht - 15 Juli 2024

ÖFOS 2012

  • 505018 Religionsrecht
  • 603907 Kirchenrecht

Zitationsweisen