Totengespräche: Hauptmann und Hofmannsthal

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Description

Fremd wie einem Blinden, der über Farbe urteilen soll, bliebe ihm Hauptmann, so bekennt Hofmannsthal einmal. Umgekehrt spricht Hauptmann in seinem Nachruf auf Hofmannsthal von einem „umnebelten Blick“. Wird für Hofmannsthal der Tod zum zentralen Kristallisationsmoment, der ein Farbenspiel in den Brechungen der Oberflächen hervorbringt, so dient er Hauptmann als Erlösung in eine große Einsamkeit, aus deren Weite als Tiefe der „Mutterlauge“ im Organismus der Welt erst der „Künstler als Nomade“ leben und formen kann. Der Dichterleser als Opferpriester (Hofmannsthal) sucht die Erhabenheit der Ruhe in der Überwältigung des Atmosphärischen („Es ist als hätten seine Augen keine Lider“) - der „Mönch der Poesie“ (Hauptmann) sucht als Medium des Unendlichen eine Erhabenheit des Leids, die nie ganz der Furcht entbehrt. Ist sein „mehrgespaltenes Ich“ im Zwiegespräch Ursprung des Dramas als eines sozialen Bewusstseins, so wird das fibrige „Enteignis“ bei Hofmannsthal zum Ziel der Rezeption. In ihrer Beziehung zu „Tanzen und Totsein“ trennen und treffen sich Hauptmann wie Hofmannsthal: „Du wirst Mutterschaft gewahr in wundersamen Todtengesprächen“, heißt es in Hofmannsthals Fragment „Dämon von aussen Dämon von innen“ (1912), das später zur Pantomime und zum Märchen Der dunkle Bruder wird. Im Gewahrwerden von Totenmasken offenbart sich beiden jeweils ihre Wirklichkeit an der Schwelle zwischen Im/Materialität und Zeichen. Es ist zu überlegen, inwiefern sie dabei ein Gesicht der Postmoderne modulieren oder ihr eine Totenmaske abnehmen, sofern mit Lyotard gilt: Die Postmoderne ist die permanente Geburt der Moderne.
Period11 Apr 2014
Event titleSonderweg in Schwarzgelb? Auf der Suche nach einem österreichischen Naturalismus
Event typeConference
LocationWien, AustriaShow on map