Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium

  • Ennser-Jedenastik, Laurenz (Recipient)

Prize: Fellowship

Description

In den vergangenen Jahrzehnten ist der öffentliche Sektor in vielen entwickelten Demokratien einem fundamentalen Wandel unterlegen. Privatisierungen, Auslagerungen und eine allgemeine Orientierung hin zu marktwirtschaftlichen Prinzipien haben signifikante strukturelle Veränderungen mit sich gebracht. Eine der bedeutendsten Konsequenzen dieses Wandels ist der Verlust an Einfluss, den gewählte politische RepräsentantInnen in Bezug auf die Steuerung politischer Outputs erfahren haben. Die abnehmende Korrespondenz zwischen den Präferenzen von PolitikerInnen und bürokratischem Handeln untergräbt die Responsivität von Regierungen gegenüber den WählerInnen. Im Zuge dieses Forschungsprojektes soll eine mögliche (informelle) Strategie untersucht werden, mit der PolitikerInnen ihrem formalen Verlust an Einflussmöglichkeiten entgegenwirken können. Durch die Besetzung von Spitzenpositionen im öffentlichen Bereich mit parteinahen Personen kann Einfluss auf jene Politikbereiche genommen werden, die dem direkten Einwirken von politischen RepräsentantInnen entzogen sind. Gestützt auf Theorien zur Delegationslogik in bürokratischen Systemen wird argumentiert, dass PolitikerInnen starke Anreize haben, den formalen Verlust an Einfluss durch parteipolitische Postenbesetzungen auszugleichen. Ausgehend vom ally principle kann angenommen werden, dass die Wahrscheinlichkeit solcher Besetzungen mit der formalen Unabhängigkeit einer Behörde steigt. Die empirische Untersuchung dieser Hypothese stützt sich auf eine Analyse sämtlicher Individuen, die seit dem Jahr 2000 in Führungspositionen (Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat) von 94 staatlichen Regulierungsbehörden in 17 westeuropäischen Ländern tätig waren. Eine umfassende Recherche biographischer Informationen (in offiziellen Agenturberichten und Presseaussendungen, biographischen Enzyklopädien, Mediendatenbanken und anderen Quellen) dient als Grundlage für die Ermittlung von Parteibindungen der einzelnen Personen. Bestehende Indizes für die Unabhängigkeit von staatlichen Regulierungsbehörden werden als Haupterklärungsfaktoren für die statistische Analyse herangezogen. Um die Plausibilität des Forschungsvorhabens zu demonstrieren, enthält dieser Antrag erste Ergebnisse einer Datensammlung über einen Teil der relevanten Individuen. Es zeigt sich dadurch, dass die Datenerhebungsstrategie durchführbar ist und dass der vermutete Zusammenhang zwischen Patronage und formaler Unabhängigkeit sehr plausibel ist. Dieses Forschungsvorhaben soll während eines 15-monatigen Aufenthaltes an der Universität Leiden (Niederlande) durchgeführt werden und seinen Abschluss in einer neunmonatigen Rückkehrphase an der Universität Wien finden. Ein Teil dieser Rückkehrphase soll auch zur Planung weiterer Forschungsprojekte in inhaltlich angrenzenden Bereichen verwendet werden.
Granting OrganisationsFonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)