Security Strategies among Migrant Women Entrepreneurs in Vienna

  • Dannecker, Petra (Project Lead)
  • Cakir, Alev (Project Staff)
  • Heis, Alexandra (Project Staff)
  • Hornoff, Sandra (Project Staff)

Project: Research funding

Project Details

Abstract

Das Forschungsprojekt „Sicherheitsstrategien und Sicherheitswahrnehmungen migrantischer Unternehmerinnen in Wien“ widmet sich den Lebenssituationen von Unternehmerinnen mit Migrationshintergrund in Wien. In der Forschung und in der öffentlichen Debatte werden Frauen mit Migrationshintergrund in ihrer unternehmerischen Tätigkeit bisher wenig wahrgenommen. Das Projekt füllt somit eine Forschungslücke und hat durch qualitative Interviews empirische Daten erhoben und ausgewertet, um zu untersuchen, welche Bedeutung die Selbstständigkeit für die jeweiligen Unternehmerinnen hat. Wie positionieren sich ‚migrantische Unternehmerinnen‘ und welche Sicherheitswahrnehmung bzw. Sicherheitsstrategien kommen dabei zum Tragen? Der Forschungszugang basiert auf einer genauen Betrachtung von vier Räumen in Wien, wobei nicht nur UnternehmerInnen, sondern auch lokalen PolitikerInnen und WirtschaftsvertreterInnen interviewt wurden. Das Ziel war es, die spezifische Verschränkung von Geschlecht, Migrationserfahrung, sozialer Herkunft in ihrer Bedeutung auf soziale Sicherheit hin zu analysieren. Die Vorstellungen von Sicherheit und wie diese in tatsächliche Strategien umgewandelt werden, ist stark von dem sozialen, politischen und wirtschaftlichen Einbettung abhängig, und wurde als solche in der Herangehensweise konzipiert. Methodologisch und konzeptionell ist das Forschungsprojekt daher in den Bereichen der Migrations-, Stadt- und Intersektionalitätsforschung eingebettet. Das Projekt hat vertiefende Einblicke über die Motive der Unternehmerinnen mit Migrationshintergrund sowie deren Lebens- und Arbeitsbedingungen herausgearbeitet und ausgewertet. Wer gemeint ist, wenn von „MigrantInnen als UnternehmerInnen“ gesprochen wird oder auch von „UnternehmerInnen mit Migrationshintergrund“ die Rede ist, wurde dabei eingehend reflektiert. Ebenso, wie das selbständige Unternehmertum der Frauen zur sozialen Sicherheit beiträgt und welche Bedeutung dabei auch Geschlecht spielt. Während der Projektlaufzeit (2016 bis 2018) generierte das Projekt einen intensiven transdisziplinären Austausch, welcher mit unterschiedlichen Akteuren und Akteurinnen in dem Bereich des migrantischen Unternehmertums sowie mit mit WissenschaftlerInnen aus dem In- und Ausland geführt wurde. Vor allem konnte die Analyse inhaltlich spezifischer in jenen Sektoren durchgeführt werden, welche sich zuvor bei den Erhebungen als besonders relevant herauskristallisiert hatten - so zum Beispiel der Friseursektor, Take-Away Restaurants und andere Imbiss/Fast Food Lokalitäten. Viele der Befragten sehen in der Selbstständigkeit die beste und oftmals auch einzige Möglichkeit, sich ökonomisch und gesellschaftlich zu integrieren. Dabei scheint in diesem Zusammenhang die soziale und räumliche Verortung der Unternehmerinnen für die Sicherheitsstrategien viel wichtiger zu sein als eine vorangegangene Migration. Die Wahrnehmung davon, ob die Unternehmerinnen sich als ‚migrantische Unternehmerinnen‘ selbst beschreiben oder von anderen diese Fremdzuschreibung erfahren, ist also situationsbedingt und kontextuell abhängig. Ebenso divergieren dabei ‚neue‘ Geschäftsmodelle und ‚innerethnische‘ Grenzziehungsprozesse. Das Forschungsprojekt kommt zu spannenden Erkenntnissen und zeigt die Heterogenität der oftmals als homogen konzipierte Gruppe der ‚migrantischen UnternehmerInnen‘ auf.

Key findings

Das Forschungsprojekt hat eine Reihe von Erkenntnissen generiert, die sowohl im wissenschaftlichen Feld der Migrationsforschung, als auch integrationspolitische Impulse setzen können. Hier wird vor allem die im Projekt zentrale Frage der Sicherheitswahrnehmungen und –strategien behandelt. Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmerinnen mit Migrationserfahrung eine sozial heterogene Gruppe sind, weshalb Aussagen über Sicherheitswahrnehmungen und -strategien nicht vereinfacht generalisiert werden können. Ein zentrales Ergebnis des Projekts war daher die intersektionale Analyse der migrantischen Unternehmerinnen und die räumliche Differenzierung von Ungleichheitskategorien. Die raumsensible Betrachtungsweise erlaubte es uns, die in vier Wiener Einkaufsstraßen stark variierende Verschränkung der Migrationserfahrung mit Geschlecht, Alter, sozialer Position als auch Betriebsstruktur hinsichtlich der Sicherheitskonzepte sichtbar zu machen. Die Analyse gibt Hinweise darauf, dass Unternehmerinnen in den Wiener Außenbezirken eine andere Vorstellung von Sicherheit haben als jene in den Innenbezirken der Stadt. Unternehmerinnen mit und ohne Migrationshintergrund in den Einkaufsstraßen der inneren Bezirke hatten tendenziell ähnliche Sicherheitsstrategien für ihre Zukunft, die vor allem auf wirtschaftliches Wachstum und sektorale Diversifizierung abzielten, und somit durch gezielten sozialen Aufstieg abgesteckt wurden. Ähnliche Zielsetzungen und Vorstellungen über Sicherheit zeigten sich auch unabhängig vom Alter der Akteurinnen. Die soziale Polarisierung in diesen Bezirken ist im Vergleich zu den äußeren Bezirken weniger stark ausgebildet, die Integrationskraft der sozialen Mitte spürbar. In den Einkaufsstraßen der äußeren Bezirke hingegen, waren Alter, soziale Position und nationale Herkunft entscheidend für das Verständnis von Sicherheit und entsprechender Handlungsweisen. Migrantinnen sind hier eher Jungunternehmerinnen und sehen Sicherheit vor allem in der Stabilisierung der aktuellen Lage verortet, während wirtschaftliche Expansion ein zu hohes Risiko in der sensiblen Phase der Unternehmenskonsolidierung und Kapitalbildung darstellt. Hingegen sprechen Unternehmerinnen ohne Migrationshintergrund, die bereits in zweiter Generation das Familiengeschäft führen, ganz andere Aspekte der Sicherheit an. Sie beziehen sich explizit auf die sich rasch verändernden Verhältnisse in den Bezirken, der wirtschaftlichen Marginalisierung der Einkaufsstraßen, den Wechsel der Bevölkerung, die sich auch auf ihr Geschäftsfeld negativ auswirken. Die Bemühung um Stabilität, Konsolidierung und Gemeinschaft bei den Befragten lassen sich als Reaktion auf zunehmende soziale Polarisierung und Entfremdung in den äußeren Bezirken interpretieren. Kurzgefasst kommen wir zu der Beobachtung, dass soziale Identitäten wie Geschlecht, soziale Position, Bildung und soziale Mobilität, Sektor und Betriebsstandort, die Bedeutung der Migrationserfahrung prägen. Das „migrantische“ allein kann keine ausreichende Grundlage für eine etwaige kollektive Identität bewertet sein. Für etwaige Strategien gesellschaftlicher Integration, lokaler wirtschaftlicher Entwicklung und Stärkung von strukturschwachen Bezirken und Regionen, können die Erkenntnisse über die Verschränkung von Geschlecht, nationaler und sozialer Herkunft sowie Position im urbanen Raum einen wichtigen Beitrag liefern.
StatusFinished
Effective start/end date1/01/1631/12/18