Abstract
Nach der Durchsetzung biologisch-neurologischer Paradigmen stellen sozial-wissenschaftliche Erklärungen psychischer Krankheiten oder Störungen ihrem unterrepräsentierten Gewicht nach einen blinden Fleck im Diskurs der Psychiatrie dar. Die in den Siebzigerjahren aufkommende Antipsychiatrie fasste indes die normalen wie pathologischen Formen des menschlichen (Un-)Bewusstseins als Teil des „symbolischen und sozioökonomischen Feldes“ auf und ist insofern immer noch von großer Aktualität und Brisanz. Gerade dann, wenn im Blick auf eine Wissenssoziologie der Naturwissenschaften darauf bestanden wird, dass auch die Modelle der Lebenswissenschaften zu einem großen Teil auf der diskursiven und modellbildenden Praxeologie von Medizinern, Biologen oder Physiologen beruhen. Die folgenden Ausführungen zeigen einleitend auf, wie der Tendenz nach soziologische Ätiologien durch das Übergewicht von biologischen Erklärungsmodellen im Feld der Psychiatrie abgedrängt werden. In einem zweiten Schritt werden in aller gebotenen Kürze mit Ernst Cassirer (bzw. Ludwig Binswanger und Aby Warburg), Wilhelm Reich und Jacques Lacan drei Vorläufer antipsychiatrischer Argumentationen in Erinnerung gerufen, um mit Franco Basaglia, Ronald D. Laing, Michel Foucault, Gilles Deleuze und Félix Guattari antipsychiatrische Grundpositionen im eigentlichen Sinne zu thematisieren.
Original language | German |
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Pages (from-to) | 1-16 |
Number of pages | 16 |
Journal | Internationale Zeitschrift für Sozialpsychologie und Gruppendynamik in Wirtschaft und Gesellschaft |
Volume | 122 |
Publication status | Published - 2011 |
Austrian Fields of Science 2012
- 501021 Social psychology