DNA-Barcoding von invasiven Pflanzen in Österreich: zum Projektstart: DNA barcoding of invasive plants in Austria: a project presentation

Publications: Contribution to journalMeeting abstract/Conference paperPeer Reviewed

Abstract

Biologische Invasionen wurden in den letzten Jahrzehnten zu einem grosen Problem. Sie werden fur die weltweit abnehmende Biodiversitat verantwortlich gemacht, da sie zu lokalen Aussterbeprozessen fuhren, durch die Aufhebung biogeographischer Grenzen die Homogenisierung von Artenpools fordern und enorme soziookonomische Schaden verursachen, welche durch den globalen Wandel noch verstarkt werden (Winter et al. 2009, Essl et al. 2011, van Kleunen et al. 2015, Capinha et al. 2015). Es ist unbestritten, dass das Erkennen von gebietsfremden Arten essentiell ist. Da die Latenzphase (invasion debt) haufig lange ist, konnen heute seltene Neophyten in Zukunft schadliche Invasoren sein (Aikio et al. 2010, Pyšek et al. 2013, Rouget et al. 2016). So hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass eine zunehmende Anzahl von nicht-heimischen Pflanzenarten (z.B. Wasserpflanzen) eingeburgert oder sogar invasiv geworden ist, ohne dass man es bemerkt hat. Fur solche Arten wurden von Verloove (2010) der Begriff „invaders in disguise“ (unerkannte Invasoren) gepragt. Eine sehr gute Methode zur Fruherkennung von gebietsfremden Arten, auch wenn diesen wichtige Bestimmungsmerkmale fehlen, ist DNA-Barcoding (Cross et al. 2011, Pyšek et al. 2013, Comtet et al. 2015). Bei DNA-Barcoding wird die DNA eines Organismus verwendet, um diesen einer bestimmten Art zuzuordnen (Hebert et al. 2003). Neben zahlreichen anderen Anwendungen wurde DNA-Barcoding erfolgreich benutzt, um invasive Wasserpflanzen von deren nicht-invasiven Verwandten zu unterscheiden (van de Wiel et al. 2009, Ghahramanzadeh et al. 2013). Wahrend die meisten Barcoding-Projekte nur einen (bei Tieren) oder wenige (bei Pflanzen) ausgewahlte Markersequenzen verwenden, erlauben Fortschritte in der Sequenziertechnologie, v. a. durch Next-Generation Sequencing (NGS), das Generieren von mehreren DNA-Barcodes per Probe, was sich positiv auf den Bestimmungserfolg auswirkt (Comtet et al. 2015, Li et al. 2015, Hollingsworth et al. 2016). Abgesehen von Metabarcoding in der Okologie, wo kurze DNA-Regionen und oftmals degradierte DNA verwendet werden (Taberlet et al 2012, Comtet et al. 2015), stellt Ultrabarcoding mittels Genome Skimming eine andere, immer wichtiger werdende NGS-Methode dar. Hierbei wird genomische DNA meist mittels des Illumina-Systems (Kane et al. 2012, Dodsworth 2015) mit einer geringen (1–10×) Abdeckung sequenziert („low-coverage shotgun sequencing“), wodurch die in hoherer Kopienzahl vorhandenen Genome bzw. genomischen Regionen (Plastidengenom, mitochondriales Genom, nukleare ribosomale DNA) mehr oder weniger zur Ganze ermittelt werden konnen. Nachdem Standardbarcodemarker (bei Pflanzen die Plastidenmarker rbcL, matk, trnH-psbA und das nukleare ITS; Hollingsworth et al. 2011, Hollingsworth et al. 2016) und diverse spezifische Barcodes (Li et al. 2015) solcherart ohnehin abgedeckt werden, ist dieser Ansatz ruckwartskompatibel, d.h. die NGS-Daten sind mit jenen klassischer Barcodes, welche durch die Sanger-Sequenzierung ermittelt wurden, kombinierbar. Die Verwendung von Genome Skimming als universellem „extended barcode“ hat das Potential das klassische Barcoding abzulosen, da die Kosten fur NGS stetig sinken und dadurch einer hoherer Materialdurchsatz moglich ist (Coissac et al. 2016, Hollingsworth et al. 2016). Auch wenn nur (historisches) Herbarmaterial verfugbar ist, konnen damit komplette Plastiden- und rDNA-Sequenzen gewonnen werden (Besnard et al. 2014). Beim Dissertationsprojekt des Erstautors geht es um DNA-Barcoding von Arten der Gattungen Amaranthus und Chenopodium s. lat. (Amaranthaceae) sowie Eragrostis und Panicum (Poaceae). Das Ziel ist, bessere Daten über kryptische Neophyten (unerkannte Invasoren) in Osterreich zu bekommen. Zu diesem Zweck sollen 400 Aufsammlungen sequenziert werden, mit Schwerpunkt auf unklaren, unbestimmbaren Belegen aus Osterreich, wobei eindeutige Belege als Referenz dienen. Diese Gattungen werden – mit der Ausnahme einiger neuer Invasoren bei Panicum – bei Fischer et al. (2008) und Pyšek et al. (2009) als die am haufigsten vertretenen Neophyten-Gattungen Osterreichs bzw. Europas gelistet. Sie besitzen den C4-Photosynthese-Stoffwechselweg und haben deshalb bei einem immer warmer werdenden Klima besonderes Invasionspotential (Sage & Kubien 2003, Weber & Gut 2005, Pyankov et al. 2010, Jia et al 2016). Standardbarcodes, andere DNA-Marker sowie vorlaufige Genome sind von fruheren phylogenetischen und genomischen Studien (Eragrostis: Ingram et al. 2011, Cannarozzi et al 2014; Panicum: Zimmermann et al. 2013, Hunt et al. 2014, http://phytozome.jgi.doe.gov; Amaranthus: Waselkov 2013, Sunil et al. 2014; Chenopodium s. lat.: Fuentes-Bazan et al. 2012) sowie uber die BOLD-Datenbank (http://www.boldsystems.org; Ratnasingham & Hebert 2007) verfugbar. Fur eine ausgewahlte Zahl an Neophyten (solche mit genugend Verbreitungsangaben) soll die Invasionsgeschichte und -dynamik in Osterreich mittels Artverbreitungsmodellen aufgeklart werden, wie es in ahnlicher Weise schon bei Ambrosia artemisiifolia (Essl et al. 2009), Ambrosia trifida, Artemisia annua, Iva xanthiifolia (Follak et al. 2013) und Sorghum halepense (Follak & Essl 2013) gemacht worden ist. Zusammenfassend, soll in diesem assoziierten Projekt von ABOL getestet werden, (i) ob „unerkannte Invasoren“ mittels modernem (Ultra)Barcoding entdeckt werden konnen; (ii) ob DNA-(Ultra)Barcoding helfen kann, Latenzphasen von potentiell invasiven Arten in Osterreich besser quantifizieren zu konnen; (iii) ob traditionelle Alphataxonomie in Kombination mit DNA-(Ultra)Barcoding die Genauigkeit von Artbestimmungen verbessern kann, was zu verfeinerten taxonomischen Klassifikationen von kryptischen, invasiven Arten fuhren sollte. Dieses Projekt wird dazu beitragen, Management- und Monitoringstrategien fur Neophyten in Landwirtschaft, Naturschutz und daruber hinaus zu verbessern.
Original languageGerman
Pages (from-to)187-192
Number of pages6
JournalActa ZooBot Austria
Volume154
Publication statusPublished - Dec 2017

Austrian Fields of Science 2012

  • 106008 Botany
  • 106036 Population genetics
  • 106033 Phylogeny

Keywords

  • DNA BARCODES
  • NGS
  • invasive species
  • AUSTRIA

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