Activities per year
Abstract
In der qualitativen Studie wurden 32 Beschäftigte aus Gastronomie und Hotellerie zu ihren Arbeitsrealitäten und Verbesserungsbedarfen in der Branche befragt. Aufgrund der Schließungen von Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben während der Lockdowns und der temporären Reisebeschränkungen wurde die Branche von der Pandemie besonders getroffen. Die pandemiebedingten Einschränkungen in der Branche stießen allerdings auf strukturelle Probleme, die im Tourismus schon seit längerem bestehen. Während das Thema Personalmangel und die Bedingungen in der Branche im öffentlichen Diskurs häufig aus Sicht der Arbeitgeber:innenseite beleuchtet werden, zielt die Studie darauf ab, die Erfahrungen und Perspektiven der Arbeitnehmer:innen in den Blick zu nehmen. In den Interviews wird deutlich, dass die Beschäftigten vor allem die überlangen und schlecht planbaren Arbeitszeiten und die relativ geringe Entlohnung, aber auch den hohen Zeit- und Arbeitsdruck, ein oft schwieriges Betriebsklima, unzureichenden Gesundheitsschutz und geringe Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten als sehr belastend wahrnehmen.
Nahezu alle Befragten berichten davon, dass sie mit den Arbeitszeiten in der Branche unzufrieden sind. Geteilte Dienste, regelmäßige Wochenendarbeit, häufig zu leistende Überstunden, zu kurze Ruhezeiten und die Erwartung von der Arbeitgeber:innenseite, ständig verfügbar zu sein, führen zu einer mangel-
haften Work-Life-Balance, die die Lebensqualität der Befragten negativ beeinträchtigt. Die Entlohnung in der Branche wird angesichts der an die Beschäftigten gestellten Anforderungen – hinsichtlich der Arbeitszeiten, der Verantwortung, des Arbeits- und Zeitdrucks, der Sprachkenntnisse und anderer kommunikativer sowie sozialer Kompetenzen – als unangemessen bewertet. Erschwerend hinzu kommt, dass selbst die ohnehin niedrigen Löhne mitunter nicht zuverlässig ausbezahlt werden und – insbesondere im Service – Beschäftigte vom unsicheren Trinkgeld abhängig sind. In der Pandemie verschärfte sich die ökonomische Situation vieler Beschäftigter. So verloren viele von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit und die reduzierte Entlohnung im Zuge der Kurzarbeit bei gleichbleibenden bzw. steigenden
Lebenserhaltungskosten führte zu erheblichen Einschränkungen des Lebensstandards. Während die Belastungen in der Branche von allen Interviewten als hoch eingeschätzt werden, sehen sich vor allem vulnerable Gruppen wie Migrierte mit unzureichenden Sprachkenntnissen, aber auch junge Beschäftigte in einer besonders schwachen Verhandlungsposition gegenüber ihren Arbeitge-
ber:innen. Die interviewten Lehrlinge berichten von schwierigen und zum Teil unzulässigen Ausbildungsbedingungen, die mitunter zu einem Branchenwechsel führten. Die Studie zeigt, dass Lehrlinge mit massiven Übertretungen von Jugendschutz- und Arbeitszeitbestimmungen konfrontiert sind. Zudem werden sie häufig für ausbildungsfremde, meist niedrige Tätigkeiten im Betrieb, wie etwa Reinigungsarbeiten, herangezogen. Die interviewten Migrant:innen erzählen von Exklusionserfahrungen am Arbeitsmarkt aufgrund fehlender Sprachkenntnisse und in Österreich nicht anerkannter Ausbildungszertifikate
sowie aufgrund von mangelndem Wissen über ihre Arbeitsrechte und den österreichischen Arbeitsmarkt. All diese Faktoren führen dazu, dass Migrant:innen meist niedrig entlohnte, prekäre Positionen in der Branche einnehmen (z.B. im Housekeeping und in der Küchenhilfe) und auch innerhalb der Betriebe häufig Ungleichbehandlung und Diskriminierung erfahren.
Aus der Studie geht auch hervor, dass Lösungsansätze sowie eine erfolgreiche Interessensvertretung in der Branche mit Hürden konfrontiert sind. So behindern die kleinteilige Struktur des Gastgewerbes und die hohe Fluktuation von Beschäftigten den Aufbau längerfristiger kollektiver Strukturen. Umso wichtiger erscheint es, Konzepte zu entwickeln, die die bestehenden Bedingungen und Problemlagen in der Branche im Fokus haben. Die vorliegende Studie liefert hierfür erste wichtige Erkenntnisse.
Nahezu alle Befragten berichten davon, dass sie mit den Arbeitszeiten in der Branche unzufrieden sind. Geteilte Dienste, regelmäßige Wochenendarbeit, häufig zu leistende Überstunden, zu kurze Ruhezeiten und die Erwartung von der Arbeitgeber:innenseite, ständig verfügbar zu sein, führen zu einer mangel-
haften Work-Life-Balance, die die Lebensqualität der Befragten negativ beeinträchtigt. Die Entlohnung in der Branche wird angesichts der an die Beschäftigten gestellten Anforderungen – hinsichtlich der Arbeitszeiten, der Verantwortung, des Arbeits- und Zeitdrucks, der Sprachkenntnisse und anderer kommunikativer sowie sozialer Kompetenzen – als unangemessen bewertet. Erschwerend hinzu kommt, dass selbst die ohnehin niedrigen Löhne mitunter nicht zuverlässig ausbezahlt werden und – insbesondere im Service – Beschäftigte vom unsicheren Trinkgeld abhängig sind. In der Pandemie verschärfte sich die ökonomische Situation vieler Beschäftigter. So verloren viele von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit und die reduzierte Entlohnung im Zuge der Kurzarbeit bei gleichbleibenden bzw. steigenden
Lebenserhaltungskosten führte zu erheblichen Einschränkungen des Lebensstandards. Während die Belastungen in der Branche von allen Interviewten als hoch eingeschätzt werden, sehen sich vor allem vulnerable Gruppen wie Migrierte mit unzureichenden Sprachkenntnissen, aber auch junge Beschäftigte in einer besonders schwachen Verhandlungsposition gegenüber ihren Arbeitge-
ber:innen. Die interviewten Lehrlinge berichten von schwierigen und zum Teil unzulässigen Ausbildungsbedingungen, die mitunter zu einem Branchenwechsel führten. Die Studie zeigt, dass Lehrlinge mit massiven Übertretungen von Jugendschutz- und Arbeitszeitbestimmungen konfrontiert sind. Zudem werden sie häufig für ausbildungsfremde, meist niedrige Tätigkeiten im Betrieb, wie etwa Reinigungsarbeiten, herangezogen. Die interviewten Migrant:innen erzählen von Exklusionserfahrungen am Arbeitsmarkt aufgrund fehlender Sprachkenntnisse und in Österreich nicht anerkannter Ausbildungszertifikate
sowie aufgrund von mangelndem Wissen über ihre Arbeitsrechte und den österreichischen Arbeitsmarkt. All diese Faktoren führen dazu, dass Migrant:innen meist niedrig entlohnte, prekäre Positionen in der Branche einnehmen (z.B. im Housekeeping und in der Küchenhilfe) und auch innerhalb der Betriebe häufig Ungleichbehandlung und Diskriminierung erfahren.
Aus der Studie geht auch hervor, dass Lösungsansätze sowie eine erfolgreiche Interessensvertretung in der Branche mit Hürden konfrontiert sind. So behindern die kleinteilige Struktur des Gastgewerbes und die hohe Fluktuation von Beschäftigten den Aufbau längerfristiger kollektiver Strukturen. Umso wichtiger erscheint es, Konzepte zu entwickeln, die die bestehenden Bedingungen und Problemlagen in der Branche im Fokus haben. Die vorliegende Studie liefert hierfür erste wichtige Erkenntnisse.
Original language | German |
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Place of Publication | Wien |
Publisher | Universität Wien |
Number of pages | 95 |
Publication status | Published - Nov 2022 |
Austrian Fields of Science 2012
- 504002 Sociology of work
Activities
- 1 Talk or oral contribution
-
Was steckt hinter dem Personalmangel? Arbeitsbedingungen im Tourismus in Oberösterreich
Johanna Neuhauser (Speaker), Yannic Wexenberger (Speaker), Marwa El-Roumy (Speaker), Stefan Steindl (Speaker) & Sophie Hötzinger (Speaker)
30 Sep 2022Activity: Talks and presentations › Talk or oral contribution › Science to Public